Frühjahrssession 2025 – Grosser Rat Bern – Traktandum 10: Abbau der Regulierungsdichte im Kanton Bern

Ja, Bürokratie kann nerven. Wir streiten nicht ab, dass das Problem vorhanden ist. Die Idee etwas dagegen zu tun, ist nicht schlecht. Der vorgeschlagene Weg bringt aber nichts – höchstens mehr Bürokratie. Es ist ein typischer Fall von „gut gemeint“ – der Schuss geht hinten hinaus.

Als Hintergund muss ich erklären, dass ich seit mehr als 30 Jahre in einem KMU im Bereich der Energie-Meteorologischen Dienstleistungen arbeite – und dort dieses Problem kaum vorhanden ist. Das bedeutet aber nicht, dass Bürokratie nicht teils ausufert. Auch bei der aee Bern hören wir von unverständlichen Auswüchsen – z.B. im Bereich dem Bau von Solaranlagen.

Wenn diese gezielt abgebaut werden kann – wie z.B. beim Bau von Wärmepumpen oder energetischen Sanierungen – sind wir Grüne voll dabei – auch mit eigenen Vorstössen. Nicht aber aber bei einer generellen Selbstbeschränkung.

Wir sind die Legislative – die Gesetzgeber. Gesetze zu machen ist unsere Aufgabe. Wir machen Gesetze nicht zum Spass. Eine Abwägung der Vor- und Nachteile ist auf jeden Fall geboten und wird hier – soweit meine Erfahrung der letzten 4 Jahre – auch gemacht. Die vorgeschlagene Selbstbeschränkung ist eine Selbst-Entmachtung der Gesetzgebung – also von uns selbst. Wollen wir das wirklich?

Die Gesetzesflut, die die Bürgerlichen nun beklagen, ist immer mit bürgerlichen Mehrheiten zu Stande gekommen. Es sind also Eure eigenen Gesetze, die ihr nun bekämpft. 

Der Vorschlag ist für uns weltfremd und technokratisch. Besser wäre es, die Gründe für die Bürokratie zu suchen und diese zu analysieren. Diese sind vielfältig und nicht mit neuen Gesetzen zu bekämpfen:

  • Wir leben in einer komplexen und arbeitsteiligen Welt
  • Die planetaren Grenzen sind erreicht – einfach freie Hand für jede wirtschaftliche Tätigkeit ist deshalb nicht mehr möglich. Ansonsten wird dies die nachfolgenden Generationen enorm viel kosten – viel mehr als die Massnahmen der heutigen.
  • Die Bürgerlichen Mehrheiten sind so, dass einfache Gesetze mit klaren Verboten keine Mehrheiten finden. Was durchkommt sind Gesetze mit komplexen Berechnungsmethoden, diverse Förderungsmechanismen und viele Ausnahmen.
    Das macht alles komplizierter und nicht wirtschaftsfreundlicher.
  • Die bürgerlich geprägte Anti-Verbots-Haltung und Ausnahme-itis ist kein unwesentlicher Teil des Problems.
  • Auch die immer häufiger werdenden Motionen, die übergeordneten Gesetzen widersprechen, bringen ausser Bürokratie nichts
  • Bürokratie ist nicht zuletzt auch eine Folge von Einzelfallgerechtigkeit. Wir leben in einer reifen Demokratie. Die Gesellschaft will verständlicherweise eine möglichst hohe Gerechtigkeit auch für Minderheiten. Die Regeln ungerechter zu machen, ist in fast allen Fällen keine Lösung.
  • Bürokratie wird oft nicht durch übergeordnete Gesetze, sondern durch detailbehaftete Verordnungen oder Leitfäden ausgelöst
    • Aber auch durch eine Verwaltung, die teils auch mit zu wenig Mut, Augenmass und Pragmatismus handelt.
    • Hier besteht allenfalls Handlungsbedarf – der von dieser Motion nicht angegangen wird.

Bevor wir die Verwaltung und uns in zusätzliche, unnütze Aufgaben stürzen, müssten wir zumindest die Evaluation auf Bundes- und Kantonsebene abwarten. Das Bsp. Deutschland zeigt, dass dort trotz 4-fachem Update des Anti-Bürokratiegesetzes diese kaum eingedämmt werden kann.

Die zeitliche Begrenzung von Gesetzen macht in Ausnahmefällen Sinn. Diese aber generell zu fordern ist falsch. Wie der RR richtig sagt: „es liegt nicht in der Natur von Gesetzen, nur für eine bestimmte Zeit zu gelten“. Die Rechtssicherheit läuft dem klar entgegen. Und Rechtssicherheit ist eines der grossen Vorteile der Schweiz und für die hiesigen Firmen.

Was zumindest so wichtig wie der Abbau der Bürokratie ist, ist der Abbau von umweltgefährdenden Regulierungen und Subventionen.

Mit der Regulierungscheckliste liegt zudem von uns aus gesehen ein genügend wirksames Instrument seitens der Regierung vor. Gesetzliche Verdoppelungen bringen hier nichts.

Die Grüne Fraktion lehnte alle Punkte einstimmig ab – die Motion wurde trotzdem (mit rund 2/3 Ja-Stimmen) angenommen.